Island kreuz und quer und rundherum

Aus STRAVANZAs "Keller" holen wir die schon zu Hause vorbereitete, luftdicht eingeschweißte Campingausrüstung hervor, packen das Garmin InReach zur hoffentlich nicht notwendigen Notfallkommunikation dazu und stopfen den gemieteten Dacia Duster voll bis unters Dach mit Schlafmatten, Schlafsäcken, Wanderschuhen, Landkarten, Off-Road-Guides, Proviant, Kameras und und und.... Unglaublich was da alles reinpasst (und was der Mensch so alles meint zu brauchen auf so einem Trip....)! Unsere Route steht fest: Wir wollen Island von innen kennenlernen und auf den berühmt berüchtigten "F-Roads" durchqueren. Die isländische Sicherheits-App safetravel.is gibt Infos über eventuelle Straßensperrungen und Wetterwarnungen. Jetzt, Mitte Juli sind laut der App alle "F-Roads" offen und befahrbar, was vor zwei Wochen noch nicht der Fall war. Islands "F-Roads" dürfen nur mit 4WDs befahren werden und führen meist auch durch Flüsse. Mit dem Dacia Duster 4WD können wir Furten bis zu 30 cm Wattiefe durchqueren... Wir sind sehr gespannt, was da auf uns zukommt.

Zu Beginn unserer Tour steuern wir einen warmen Wasserfall im Fjord von Akureyri an, den uns französische Segler "verraten" haben an und nehmen in seinem warmen Pool ein ausgiebiges Bad. Da wissen wir noch nicht, dass wir so ein Platzerl fast jeden Tag finden werden.

Blitzsauber fahren wir weiter in die einsamen Highlands und durchqueren Island erst einmal von Nord nach Süd auf rumpeligen, einsamen Straßen auf denen Schafe ihren Mittagsschlaf halten und wir von der Straße scheuchen müssen. Wir haben unglaubliches Wetterglück, die Sonne scheint den ganzen Tag und wird das an vielen Tagen der vor uns liegenden Woche auch tun. 

In Hveravellir - einem Geothemralgebiet inmitten der Highlands wo es aus Erdspalten dampft, raucht und die ganze Gegend nach Schwefel stinkt, stellen wir unser altgedientes Dreimannzelt auf dieser Reise das erste Mal auf, was ein bisserl ein Revival für uns alle drei ist - da drinnen haben wir das letzte Mal in den Pyrenäen auf dem GR 10 zu dritt übernachtet. Da war Anna um einen Kopf kleiner und wir um cirka 15 Jahre jünger.... Robert und ich haben vorsorglich in ultramoderne High-Tech-Schlafmatten investiert, damit wir am Morgen auch wieder aus dem Zelt kommen ;-) Überraschenderweise schlafen wir alle drei ausgezeichnet in dieser Nacht und beschließen nicht in die absurden Zimmerpreise zu investieren. Unsere alten Knochen halten das bodennahe Leben offenbar noch aus ;-)

Auf diesem Campingplatz gibt es einen natürlichen Hot Pot, der aus den geothermalen Quellen gespeist wird und wir hocken spät Abends noch glückselig im warmen Wasser. In dieser Art verläuft die gesamte Reise.

Bei der ersten Flussdurchquerung durchwatet Robert den Fluss, um die Tiefe abzuschätzen, aber das geben wir bald auf, weil es einfach zu lange dauern würde, jedes Mal vor dem Furten erst durchzuwaten. Ausserdem erkundigen wir uns bei Gelegenheit immer wieder bei Rangern, ob wir mit diesem Auto die gewählte Strecke bewältigen können. Mit einem breiten Grinser kommt der Kommentar: "I am not allowed to recommend, but you can try...." - wir legen das als "go!" aus und machen uns mutig auf den Weg - umdrehen geht immer!   

Island ist ein unglaubliches Land, das war uns schon von Fotos und Reiseführern her klar, aber diese gewaltigen Landschaften in natura zu sehen und zu erleben, ist überwältigend. Wir rumpeln durch schwarze Lavafelder, landen nach etlichen Kilometern auf und ab und an zahllosen Wasserfällen vorbei,

in einer schier unwirklich anmutenden Gegenden wie Hveradalir - ein  "bunt gemustertes Tal", wo es wieder einmal aus allen Löchern raucht und pfaucht. Dann durchfahren wir Schluchten halb im Fluss, halb auf Straßen fahrend, düsen auf endlos langen schwarzen Aschenpisten dahin um in steilen holperigen Serpentinen den nächsten Wasserfall zu bestaunen - einige davon laden mit ihrem warmen Wasser zur gerne angenommenen täglichen Dusche ein. Steile Pisten bringen uns an den Rand von Gletschern oder zu wilden Canyons - und überall Wasserfälle, Wasserfälle und wieder Wasserfälle.....

Landmannalaugar  ist ein Fixpunkt unserer Route - allein schon wegen des Namens. Hier wandern wir einen ganzen Tag über bunte Berge, klettern über Lavabrocken und durch steile Erdspalten, überall riecht es nach Schwefel und immer wieder kommen wir an Pfützen vorbei mit Warnschildern - "100°C!". 

Dazwischen biegen wir auf die Ringstraße Road No. 1 ab und steuern natürlich auch die berühmten "Drive In"-Sehenswürdigkeiten Islands an: den Geysir Stokkur, den Wasserfall hinter den man spazieren kann, Vik am Black Beach wo Monsterwellen anbranden - jedoch nicht für uns, der Nordatlantik gleicht einem Ententeich an diesem Tag. Natürlich lassen wir auch die Glacier Lagoon und den Diamond Beach nicht aus. Leider für uns an diesem Tag nur mit ganz kleinen Diamonds bestückt.  Godafoss, Gullfoss, Myvatn, Dettifoss, Pingellir - wo man zugleich in Amerika und Europa stehen kann und wie die Plätze alle heißen - hinter jeder Kurve gibt es etwas zu bestaunen.... Hier ist touristisch überall viel los und es sind viele Menschen da, aber die Eindrücke dennoch grandios.

Fast jeden Tag batzen wir in irgendeinem Hot Pot - oft inmitten herrlicher Natur aber auch  mehrmals in der Luxusvariante mit Pool Bar, aber jedes Mal mit traumhafter Aussicht.

Nur zwei Mal brechen wir die gewählte Route wegen Straßenzustand und Flusstiefe ab, alle anderen Strecken schaffen wir mit dem tapferen Dacia mit Bravour. Die Flussdurchfahrten bleiben aufregend und wir "reissen" uns d'rum wer ‪sie fahren darf".  Es kommt uns fast vor als würde jeder Tag noch stärkere Eindrücke bringen als der vorherige. Es ist ein berauschendes Abenteuer, das wir da erleben dürfen. Jeden Abend bauen wir unser Zelt an einem anderen magischen Ort auf und kuscheln uns todmüde in die Schlafsäcke.

Als Abschluss wagen wir uns auf die berüchtigte Strecke in die Askya - ein Vulkangebiet im Nordosten Islands. Dort angekommen, fühlen wir uns, als würden wir unser Zelt diesmal wirklich am Ende der Welt

aufschlagen - der Campingplatz mitten in der Caldera wirkt so, als wären wir im Basislager eines Achttausenders gelandet. Hier stehen nur mehr hochgerüstete Allradfahrzeuge... unser braver Dacia wirkt ein bisserl deplatziert... 

Die Gegend wirkt fast trostlos - rundum Lavafelder, Schluchten, brutal wirkende tiefe Erdspalten bis zum Horizont. Hier schlägt nach einer Woche auch das Wetter um und wir sind in Nebel und Nieselregen gehüllt. Trotzdem wandern wir über die Lava zum milchig blauen Kratersee Viti (isländisch für Hölle), der erst im 19. Jahrhundert nach dem letzen Ausbruch der Askya entstanden ist und der selbst bei diesem Wetter 

magisch leuchtet. Der damalige Ausbruch der Askya brachte Asche bis nach Europa und löste in Island eine Auswanderungswelle nach Amerika aus. Es ist fast ein wenig angsteinflößend, dass ein solch gewaltiger Ausbruch eines Isländischen Vulkans jederzeit und ohne Vorwarnung passieren kann.

Die Askya ist der Endpunkt unserer Inlandstour, von hier aus geht es wieder zurück in die Zivilisation und auf die STRAVANZA, die hoffentlich sicher und unbeschadet in Siglufjordur auf uns wartet. Und es ist auch gut so: Wir sind erledigt von all dem Staunen, den vielen Eindrücken, dem Überwältigt-Sein, vom Drama dieser Landschaft und brauchen ein Time Out. 

 

Auf der STRAVANZA angekommen, erholen wir uns erst einmal von der anstrengenden Tour, schlafen uns aus, steigen wieder um auf gesunde Ernährung nach all den Hot Dogs, Hamburgern, Pizzas und Sandwiches, batzen im örtlichen Hot Pot und planen die Weiterreise unter Segeln. Bald geht es weiter Richtung Westen - unser nächstes Ziel heißt Hornstrandir, die einsame äußerste Nordwestecke Islands. 

 

 

Fortsetzung folgt!