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Von Bermuda nach Kanada

Vor dem Auslaufen zum Ausklarieren!
Vor dem Auslaufen zum Ausklarieren!

Endlich ist es da - ein recht passables Wetterfenster für den Sprung nach Norden. Eventuell mit einem etwas raueren Abschluss gegen Ende der Passage... Jetzt hält uns aber nichts mehr, wir scharen wirklich schon recht ungeduldig in den Startlöchern, können nicht mehr warten... Also schnell zum Ausklarieren und los! Bermuda will uns aber nicht gleich loslassen! Unser Anker steckt tief im Schlamm. Es bedarf mehrerer "Ankerausbruchanläufe" um loszukommen. Unser Britischer Nachbar will auch los, holt mit seiner Ankerkette aber eine Kanone (richtig gelesen!) mit auf, lässt die Kette wieder hinunter und ruft über Funk die Coast Coard an: "I pulled up a historic canon with my anchor. Assistance required!" So eine Meldung an die Coast Guard hört man auch nicht alle Tage... Wir beneiden ihn jedenfalls nicht.

Gleich nach der engen Hafenausfahrt  von St. Geoge's wartet der offene Atlantik auf uns. Eine Woche auf See bis Halifax in Nova Scotia liegt vor unserm Bug.  Das "warme" Kapitel dieser Reise geht zu Ende! Abschied von tropischen, türkisen Wassern, die vorläufig letzten Seemeilen in Shorts, T-Shirts und Duschen im Cockpit. Bisserl wehmütig seufzen muss ich da schon.

bye bye, ihr wunderschönen, türkisen Wasser!
bye bye, ihr wunderschönen, türkisen Wasser!

Auf halber Strecke nach Kanada, lauert der Golfstrom. Er mäandert dort von West nach Ost und kann unter Umständen recht ungemütlich werden. 

Die ideale Route nach Kanada
Die ideale Route nach Kanada

Wenn wir an der falschen Stelle in den Strom einfahren, könnten wir Gegenstrom mit bis zu drei Knoten bekommen - garniert mit extrem unangenehmen Seegang. Unsere Streckenplanung sollte aber passen  und unterwegs wird uns Wetterguru Chris über den guten alten SSB-Funk, den besten Wegpunkt für die Einfahrt durchgeben. Wir rechnen fix damit, dass wir die Strömung zu unseren Gunsten nutzen werden können. Jedenfalls sind wir sehr gespannt auf unsere erste Begegnung mit dem Golfstrom.

Wintergarten montiert!
Wintergarten montiert!

Nach dem Golfstrom werden Luft- und Wassertemperatur rapide fallen. Hauben, Handschuhe, Fleecejacken, Merinosachen, Ölzeug und Stiefel sind aus den Tiefen der Schapps ausgegraben und liegen bereit. Stravanza's Wintergarten ist montiert.  

 

Derweil geht's aber gemütlich dahin. Nicht weit von uns segelt die Pink Penguin mit Barbara und Wolfgang an Bord. Wir stehen über Amateurfunk-E-Mail in Verbindung. Barbara versorgt uns mit News zum Golfstrom aus dem Internet, wir mailen ihr, was Chris so von sich gibt. Ich genieße es sehr ein Buddy Boat auf dieser Strecke zu haben.

Es wird eine gemütliche Überfahrt. Der Einfahrtspunkt in den Golfstrom scheint optimal. Bei wenig Seegang düsen wir für einen Tag und eine Nacht mit bis zu neun Knoten durch die Gegend. Es wird immer wärmer und sehr, sehr schwül - als würden wir ein temperatur- und luftfeuchtigkeitsmäßiges Crescendo dargeboten bekommen bevor uns der Golfstrom schließlich ausspuckt und die Luft frischer und trockener wird. In der zweiten Nacht nach dem Golfstrom, stecke ich bereits in Merinounterwäsche und -socken.

 

Das eventuelle Tief unseres Wetterfensters hat sich zum Glück komplett aufgelöst. Stattdessen verlässt uns der Wind einen Tag vor dem Landfall komplett und wir müssen motoren. Was uns gar nicht so wahnsinnig stört, denn unter Maschine läuft unser Warmluftgebläse über den Wärmetauscher und beschert uns einen bacherlwarmen Salon. Es ist ganz schön kalt... Die Akklimatisierung wird wohl ein bisserl dauern!

Landfall auf Nova Scotia bei strahlendem Sonnenschein und flacher See. An Steuerbord flattert die "Gelbe", über UKW erteilt uns Halifax Traffic die Einfahrtserlaubnis. Vor uns zwei Kreuzfahrtschiffe, eines hinter uns. Vom Heck kommt ein Pilot Boot auf und fährt recht nah an uns ran - aus dem Lautsprecher der Pilots kommt ein "Welcome to Halifax" und es erscheinen zwei Männer an Deck, winken und halten die Daumen hoch. Gänsehaut und fröhliches Zurückwinken unsererseits. 

Die Einklarierungsformalitäten laufen vollkommen unkompliziert ab. 

Stravanza's Canpass - wir sind offiziell einklariert
Stravanza's Canpass - wir sind offiziell einklariert

Die schnell noch in der Hafenansteuerung fabrizierte und verputzte "Noteierspeis" von sechs Eiern, hätten wir uns sparen können. Die Beamten sind an unseren Vorräten überhaupt nicht interessiert, sondern wollen viel mehr wissen, wie die Überfahrt von Bermuda hierher war und wie wir den ganzen Weg "from Austria to Canada" gekommen sind. Stolz nehmen wir den Canpass - Stravanza's Fahrerlaubnis für kanadische Gewässer, entgegen. Wir sind offiziell in Kanada! Robert lässt wieder einmal ein "Heast Smali, wir sind nach Kanada gesegelt!" vom Stapel. Dann erst habe ich das Gefühl, dass wir wirklich da sind!

Das Ankommen in einer neuen Hemisphäre ist immer irgendwie komisch. Anlegen an Halifax' glamouröser Waterfront und der erste Spaziergang auf der Suche nach einem "richtigen" Espresso, fühlen sich unwirklich an.

Als erstes brauchen wir eine SIM Card (das alte Lied), einen Segelmacher (leider) und bitte auch ein gemütliches Pub zum Feiern. Wir finden das alles und noch viel mehr!

 

Stay tuned!