
Ganz typisch für diese Weltgegend, hält sich der dichte Nebel hartnäckig. Wieder sind wir in dickster Nebelsuppe unterwegs. Ziel ist Porte aux Basques - DER große Fährhafen Neufundlands mit direkter Anbindung an den Trans Canada Highway, ansonsten aber eine eher schmucklose Häuseransammlung. Von hier aus wollen wir Neufundlands Südwestecke runden und die Westküste hinauf segeln. Wir decken uns noch einmal mit frischem Obst und Gemüse ein, besorgen uns megastarken, lokalen Bug-Spray und Imkernetze. Wir sind gerüstet, ab jetzt haben Moskitos und Black Flies keine Chance mehr bei uns!
In einer angenehmen Nachtfahrt segeln wir in einem Rutsch in die Bonne Bay - die Heimat des berühmten Gros Morne Nationalpark. Hier lockt uns die Besteigung des Gros Morne Mountain - dem zweithöchsten Berg Neufundlands.
Neddy Harbour ist der ideale Ausgangspunkt für diese Unternehmung. Die Tour muss allerdings um einen Tag verschoben werden. Eine Black Fly sticht mir ins Augenlid und mein rechtes Auge schwillt fast komplett zu. Diese Mistviecher! Sicherheitshalber lasse ich das im hiesigen Krankenhaus anschauen. Am Dinghidock werkelt Brian an seinem Boot. Wir fragen nach dem Weg zum Krankenhaus und schwupps, sitzen wir schon in seinem Truck und er bringt uns hin. Widerrede zwecklos. Der Arzt spricht von "bad flyes", "many tourists have an allergic reaction" und "but nothing serious". Vorsichtshalber verschreibt er ein Antibiotikum, damit sich im Auge nichts weiter entzünden kann. Die Schwellung ist schon am nächsten Tag sehr viel weniger und wir ziehen bei strahlendem Sonnenschein in aller Herrgottsfrühe los.
Nach etlichen Monaten in Flip Flops oder barfuß, sind es unsere Füße gar nicht mehr gewohnt in Bergschuhen zu stecken. Es zwickt und zwackt an vielen Stellen. Blasenpflaster müssen herhalten. Der Großteil der 800 Höhenmeter ist in einer recht steilen Geröllrinne zu überwinden. Insgesamt ist die Wanderung 17 km lang. Schonungslos bekommen wir hier die Rechnung für viel faules Herumliegen in der Karibik, serviert. Wir keuchen und schwitzen nur so... Der Gros Morne Mountain ähnelt unserer Rax - zum Glück aber nicht was die Höhenmeter betrifft! Die 800 Hm sind uns erst einmal genug.
Zur Belohnung gibt's vom Plateau aus eine wunderbare Aussicht auf den tiefgrünen Ten Miles Pond.
Wir überblicken den Gros Morne Nationalpark mit seinen geologischen Besonderheiten - wie die Tablelands - entstanden aus einer Art "Unfall" der Erdgeschichte: durch tektonische Verwerfungen gelangte aus 10 km Tiefe Perodolit an die Erdoberfläche. Perodolit ist sehr hart und seine chemische Zusammensetzung verhindert jegliches Pflanzenwachstum. Ockergelb leuchtet der riesige Hügel aus der grünen Landschaft heraus. Für diese Gegend gilt: "Was Galapagos für die Biologen ist, ist Gros Morne für die Geologen!"
Auch der Abstieg bietet wunderbare Ausblicke!
Zurück am Ankerplatz laden uns unsere Nachbarn, Jeff und Nadia von der Baliverne auf einen Sundowner ein. Die Baliverne ist eine hübsche Van de Stadt 40 aus Stahl. Die beiden haben sie in 10 Jahren selbst gebaut und sind erst das zweite Mal mit ihr unterwegs. Es wird ein sehr netter Abend, leider nur viel zu kurz. Wir sind einfach geschlaucht und ein gut gemixter Drink erledigt mich vollends.