
Wir stehen am Eingang zur berüchtigten Belle Isle Strait und befinden uns ab jetzt oberhalb der Eisgrenze. Der Eisbericht spricht von "Bergy Water". Für unser Gebiet sind 2 bis 10 Eisberge angegeben. Wir halten aufmerksam Ausschau, sehen aber weit und breit keinen Eisberg und finden zum Glück auch keinen Growler - was ja viel gefährlicher wäre. Die Sonne scheint und es weht absolut kein Lüfterl. Wir motoren. Aber wir haben gelernt: hier muss man die Schönwettertage nutzen um voran zu kommen - egal ob mit oder ohne Wind!
Angekommen in Port aux Choix, drehen wir ratlos ein paar Runden im inneren Hafenbecken. Alles voll belegt. Wir wollen aber gerne im inneren Hafen liegen, denn für morgen ist Starkwind angesagt. Plötzlich ein Pfiff aus einem der Fischerboote: "Legt da drüben an, das kleine Boot macht euch Platz!" Und wirklich, am Schwimmsteg erscheint ein Mann und verholt sein Boot um uns Platz zu machen. Vom Fischkutter kommen zwei Burschen angelaufen und übernehmen unsere Leinen. Natürlich ergibt sich gleich eine Plauderei und als wir erwähnen, dass wir gerne Fisch kaufen würden, meint einer der Burschen vom Fischkutter:" Frisch haben wir nichts, aber gefrorenen Fisch bringe ich euch gleich. "You know, it's frozen, but still a good fish!" Dann steht er da mit drei riesigen Paketen gefrorener Fischfilets. Heilbutt sagt er - gestern gefangen und eingefroren. Wir nehmen ihm sehr gerne das kleinste ab und bedanken uns mit einer Runde Dosenbier für die Crew. Heilbuttfilets für mindestens 4 Tage: gebraten, gebacken, als Fischsuppe und kalt im Salat... mmmh!
Den Hafentag nutzen wir für eine kleine Küstenwanderung zum Leuchtturm Point Riche . Die Sonne scheint, es weht stürmischer Wind, der die lästigen Blutsauger verbläst, wir haben ein wunderbares Picknick und ausreichend Blasenpflaster im Gepäck. Die Gegend zeugt von 5000jähriger indigener Kultur. Archäologische Funde bezeugen, dass hier einst die verschwundenen Völker der Dorset Paläoeskimos und Beothuks lebten.
Am Leuchtturm angekommen, rasten wir in den für Kanada so typischen, knallroten Muskoka Chairs mit Traumausblick. Diese roten Sessel stehen an den schönsten Plätzen mit Aussicht und vor fast jedem Haus. Sie laden zum Rasten, Staunen und Sinnieren ein. Zudem sind sie ein wunderschönes Fotomotiv.
Auf dem Rückweg stapfen wir quer durchs Innere der Halbinsel. Es begegnen uns junge Karibus. An einem kleinen See, wiegen sich Sumpflilien im Wind. Idylle pur.
Zurück im Hafen, kommen wir ins Gespräch mit Shawn, der gerade an seinem Boot schleift. Er erzählt, dass er viele Jahre auf dem Festland gelebt und gearbeitet hat. Jetzt ist es damit genug. Er will wieder in seinem Heimatort Port aux Choix, im Haus seiner Familie leben und nicht mehr in der Fremde. Denn, "hier ist das Leben am besten: Freiheit, die See und Fische fangen! What more do I need?"
Es ist immer die selbe Geschichte, die wir hören: Newfies können nur hier glücklich sein. Wir spüren, dass ihm diese Worte aus tiefstem Herzen kommen. Newfies are a special breed, meint er noch, das wirst du nicht los. Nie!
Typischer Newfie-Humor findet sich zum Beispiel auf einer Bierdose. Das in Neufundland gebraute Bier, heißt Aloha. Die Dose schmückt ein Puffin, umkränzt von tropischen Blüten. Passt alles irgendwie nicht zusammen. Aber der Text "klärt" eh alles auf: "Aloha from the tropical island of Newfoundland!" Häh, wie bitte? Das IPA schmeckt übrigens hervorragend!
Hier ist wirklich alles ein bisserl anders. Selbst die Uhrzeit! Wir leben im Halbstundentakt, sind dem Festlandkanada immer eine halbe Stunde voraus!
So erleben wir die Newfies in jedem neuen Hafen: Immer zu Scherzen aufgelegt, die wir wegen des typischen Dialekts, leider nicht immer verstehen, offen und herzlich wie selten erlebt und interessiert an uns Besuchern. Es ist eine Freude hier sein zu dürfen.
Stay tuned!