· 

Touchdown in Red Bay, Labrador

Weiter geht es nach Norden! Nach der Hafenausfahrt von Port aux Choix, richten wir unseren Bug Richtung "engster Stelle der Belle Ile Strait". Es steht immer noch ein strammer Süd, der mit Böen bis 35 Knoten daher kommt. Wir legen ein Reff nach dem anderen ein und fetzen mit 9 Knoten Speed über Grund der Küste von Labrador entgegen. Juhu! Unsere Rechnung geht super auf: wir haben den Strom  die ganze Zeit voll mit uns! Eisberge  sind keine zu sehen, dafür kreuzen  aber Delfine unseren Weg. In diesen Gewässern scheinen sie keine Zeit zum Spielen zu haben. Sie zeigen absolut kein Interesse an uns. Unter Reff 3 und Fock bläst es uns regelrecht in die Red Bay hinein. "Wir zwei Nudelaugen" - Originalzitat Robert, "sind in Labrador!" 

Saddle Island in der Einfahrt der Red Bay
Saddle Island in der Einfahrt der Red Bay

Historische Quellen besagen ja, dass die Einfahrt in die Red Bay so eng ist, dass die Großbaumnock das Ufer berührt.. Na ja, so dramatisch ist sie nicht, aber hier einzulaufen war dennoch spannend. 

Wir sind hier an einem historischen Ort. Im 16. Jahrhundert betrieben Baskische Walfänger in Red Bay während der Sommermonate eine Walverarbeitungsfabrik zur Gewinnung von Walöl. Millionen Liter von Tran wurden in Fässern von den Küsten Labradors nach Europa gebracht um "Europa zu beleuchten". In den Öllampen Europas wurde hauptsächlich Tran/Walöl verbrannt. Es brannte heller und rauchte weniger als anderen Öle und war deshalb sehr begehrt. Zudem wurden aus den Barten der Wale u.a. Korsetts gefertigt. Ein Megageschäft für die Basken, die die Quelle ihres "Rohstoffes lange geheim halten konnten.

im Walmuseum Red Bay
im Walmuseum Red Bay

Zeitweise waren in den Walkochereien der Basken bis zu 1000 Menschen mit der Verarbeitung der erlegten Wale beschäftigt. Die Basken hielten diese reichen Walfanggründe geheim. Es ist unklar, warum der Walfang in Red Bay zum Erliegen kam. Sehr wahrscheinlich ist, dass die Walbestände so sehr dezimiert waren, dass es sich nicht mehr auszahlte die gefährliche und lange Anreise auf sich zu nehmen.  

kurz lüftet sich der Nebel und wir sehen unseren Nachbarn in Red Bay
kurz lüftet sich der Nebel und wir sehen unseren Nachbarn in Red Bay

Der ganze Rummel geriet in Vergessenheit. Bis in den 1970er Jahren eine Historikerin in den Archiven von San Sebastian forschte und auf Hinweise eines florierenden Baskischen Walfangs in Labrador stieß. Ausgrabungen in Red Bay bestätigten die Vermutung. Wissenschaftler fanden Reste von drei gesunkenen Galleonen, Schmelzöfen, Walknochen, Fässer, Gebäudereste und einen Haufen roter Dachziegel, die nur Europäer hierher gebracht haben konnten. Von diesem Fund stammt auch der der Name Red Bay.

Sehr wahrscheinlich ist auch, dass wegen des ekzessiven Walfangs der Basken, die indigenen Völker der Paläo-Eskimos und Dorset aus diesem Gebiet "verschwanden". Es gab vermutlich nicht mehr genug Wale, die sie erlegen konnten um durch die Winter zu kommen. 

Ich finde es immer  faszinierend und vor allem lehrreich vom immensen Impakt der Europäer - wo immer sie hinkamen, zu erfahren. Diese Geschichte war absolut neu für uns.

 

Das Wetter gestaltet sich jedenfalls passend zur grausamen Geschichte des Walfangs. Es ist neblig, stürmisch und die Stimmung entsprechend  entrisch und mystisch. 

Wir verziehen uns ins örtliche Cafe zum Aufwärmen und treffen auf einen Eisbären und Eisberge in sehr angenehmer Form.