Weiter geht es entlang dieser historischen Küste. Wir machen fest in Trinity. Der Ort ist eine der ältesten Siedlungen Neufundlands und wirkt auf uns wie das Hallstatt von Neufundland. Pittoresk an einer blauen Bucht gelegen, strahlen die wunderschön restaurierten Häuser im Sonnenschein auf der grünen Wiese um die Wette. Viele der Häuschen stehen unter Denkmalschutz. Im Jahr 2001 diente Trinity als Kulisse für die Verfilmung des Buches "Schiffsmeldungen".

Die erste katholische Kirche Nordamerikas steht hier - ein irisches Erbe. Kirchlein wäre wohl der passendere Ausdruck. Stolz erzählt uns Mr. Kevin Toppe, dass sie durch seinen Appell nach Rom und seine Spendenaktion vor dem Verfall gerettet wurde und das, obwohl es keine katholische Familie mehr in Trinity gibt, geschweige denn einen katholischen Pfarrer.
Das Kircherl ist liebevollst mit allem ausgestattet was es braucht: Altar, Kirchenbänke, Chor, Blumen in Vasen, sogar Gesangsbücher sind da! Aber abgesehen von ein paar Hochzeiten, die in jüngster Zeit in diesem romantischen Rahmen stattfanden, ist dieses kulturelle Kleinod ein Museum. Dass das Museums-Kircherl nicht ganz auf dem aktuellen Stand ist, bestätigt das Porträt von Papst Franziskus über dem Eingang.
Ganz anders die St. Pauls Church. Friedhof und Kirche wurden originalgetreu restauriert. Das Dach leckt zwar ganz ordentlich aber in den Sommermonaten ist die Kirche in Betrieb,
Hier werkte im ausgehenden 18. Jahrhundert John Clinch als Pastor, Chirurg und Gemeindevorsteher. Er war eng befreundet mit Edward Jenner, der im fernen England ebenfalls als Chirurg tätig und drauf und dran war einen Impfstoff aus Kuhpockenbläschen gegen die Pocken zu entwickeln. Jenner schickte seinem Freund Clinch im fernen Neufundland, einen Behälter mit pustulösem Material aus Kuhpockenbläschen und eine Anleitung, wie er den Impfstoff verabreichen sollte, indem er kleine Portionen auf den Armen von Menschen auftrug. Die so Behandelten erwiesen sich als immun gegen eine Infektion mit Pocken. Als hoch respektierter und schon seit Jahrzehnten in Trinity wohltätiger Mann, gelang es Clinch die Bewohner von Trinity und der umliegenden Dörfer zu überzeugen, sich der Impfung zu unterziehen. Im Jahr 1800 waren hunderte Menschen in Trinity und Umgebung geimpft. Später setzte sich auch Jenner in England durch und das erste Impfprogramm der Menschheitsgeschichte nahm seinen Lauf. In Anbetracht der gerade erst überstandenen Covid-Pandemie, erschien uns diese Geschichte als sehr bemerkenswert. Jenner und Clinch kämpften damals schon gegen Impfgegner - als es noch gar keine richtigen Impfungen gab.
Im 18. und 19. Jahrhundert war Trinity dank des wunderbaren Naturhafens, eine prosperierende Fischer- und Handelsstadt.
Anfangs nur im Sommer bewohnt, bald aber verbrachten mutige Siedler auch die schweren Winter hier. Manche nicht freiwillig. Englische Fischer heuerten zum sommerlichen Fischfang im fernen Neufundland, gerne billige Arbeitskräfte an - vor allem junge Irische Männer. Die Auszahlung ihres Anteils am Gewinn erhielten die Burschen erst nach der Rückkehr nach England. Unter den englischen Skippern, machte sich die Praxis breit, die Irischen Fischer in Neufundland einfach zurück zu lassen und sich so diesen Posten zu sparen. Nicht alle Ausgesetzen überstanden die harten Winter, manche jedoch schafften es, was dazu beitrug, dass diese Küste stark von irischer Kultur geprägt ist. Ein Gesetz setzte dieser menschenverachtenden Praxis ein Ende.
Neufundland ist der einzige Ort außerhalb Irlands, der einen irischen Namen hat – Talamh an Éisc –, vergeben von irischen Fischern. die an dieser Küste landeten. Der Name bedeutet "Land der Fische".
Wir wandern auf den Gun Hill hoch oben über dem Städtchen und genießen die Aussicht wieder einmal aus bequemen roten Andirondak Chairs.
Von hier aus sehen wir hinüber zur Bonavista-Halbinsel und zum Ausgangspunkt des Skerwink Trails. Dieser berühmte Küstenwanderweg hätte einer der Höhepunkte unserer Zeit mit Anna sein sollen. Leider ist er wegen der großen Trockenheit und Waldbrandgefahr gesperrt.

So segeln wir eine Bucht weiter und laufen im strömenden Regen in Irelands Eye ein. Eine der schönsten Ankerbuchten dieser Küste - wovon wir leider gar nichts mitbekommen, denn sie präsentiert sich uns zuerst regenverhangen und verbirgt sich in Folge hinter dichtestem Nebel.