Hrisey - die Perle des Eyjafjördur

Von Dalvik ist es nur ein kurzer Sprung hinüber zur Insel Hrisey, der Perle des Eyjafjördur. Im kleinen Hafen finden wir einen sehr komfortablen Platz an einem Schwimmsteg! Sobald STRAVANZA gut vertäut ist, machen wir uns auf die Suche nach dem Hafenmeister um nachzufragen, ob wir an diesem Platz überhaupt liegen bleiben dürfen. Es lässt sich aber kein Harbourmaster- Office oder ähnliches finden und so schlendern wir weiter in den Ort hinein. Der kleine Ort ist für das jährliche Sommerfestival herausgeputzt und auf der Wiese in der Mitte des Ortes werden Bühne, eine Hüpfburg für die Kleinen, ein Festzelt, Tische und Stühle für das Fest aufgebaut. Immer noch kein "Offizieller" zu finden! Außer einem Mann auf einem modernen Traktor in offensichtlicher "Gemeindemontur"! Den fragen wir nach dem Hafenmeister. Zuerst versucht er jemanden anzurufen, bekommt aber keine Antwort, dann meint er, wir sollen da ruhig bleiben, er sagt dem Hafenmeister Bescheid. 

So gelassen und relaxed wie die Ankunft sich gestaltet, so sind auch alle Tage, die wir auf dieser Insel verbringen. Mit den Einheimischen kommt man hier sehr schnell ins Gespräch und sie erzählen alle gerne von ihrer Insel Hrisey oder Island überhaupt. Da ist zum Beispiel der junge Mann, der mit seinem Neffen am Steg fischt. Mit ihm plaudern wir kurz übers Fischen generell und, dass wir uns Köder für den Kabeljaufang besorgt haben, aber noch nichts gefangen haben. Da legt er los über die Fischarten in den Gewässern um Hrisey und um Island generell, welche Arten wann und wie gefischt werden, er erklärt uns Pro und Kontra der komplizierten Quotenregelung der industriellen Fischerei in Island und schwenkt dann über zur Problematik der Überfischung. Es ist unglaublich interessant ihm zuzuhören. Am Schluss stellt sich heraus, dass unser Gesprächspartner an der Universität Akureyri lehrt, einen Master in "Fishery" hat und auf diesem Gebiet mit den Unis der Färöer und Norwegen zusammenarbeitet. Seine Familie stammt von Hrisey und er verbringt hier die Sommermonate. 

Und da ist Wiebke aus Deutschland, die wegen der Liebe zu einem jungen Fischer nach Hrisey gezogen ist. Die beiden restaurieren gerade das Haus seiner Familie aus dem Jahr 1926 miteinander. Wiebke arbeitet im einzigen Lokal der Insel im Service und so kommen wir mit ihr ins Gespräch. Wir laden sie auf einen Kaffeeplausch auf die STRAVANZA ein. Sie freut sich wieder einmal ausgiebig in ihrer Muttersprache plaudern zu können und wir erfahren einiges über die Insel und ihre Einwohner. Zur Zeit steht gerade die Ernte des Angelikakrauts an. DER Exportartikel der Insel! Angelika wird mit der Sichel geschnitten und auf der Insel getrocknet - dazu sind sogar Saisonarbeiter hier. Das Produkt wird zum Teil auf der Insel als wohlschmeckender Kräutertee - gut für den Verdauungstrakt!, verkauft oder als Rohstoff an die Pharma- und Kosmetikindustrie geliefert. 

 

Im einzigen Lokal der Insel wird sogar der Backteig für die Fish&Chips mit Angelika gewürzt - es schmeckt gut! Ausserdem gibt es hier gutes gezapftes Bier, das im Eyjafjördur gebraut wird - das "Kaldi"! Betrieben wird das Lokal von einem sehr netten Wirt. Allerdings herrschen strenge Regeln wo im Lokal getrunken und wo gegessen wird. Trinken kann man in der gemütlichen Bar, wenn man aber essen möchte, muss der Gast in den etwas kahlen Essraum umziehen - "sonst kommt alles durcheinander", meint der Wirt. Was durcheinander kommen würde, erschließt sich uns nicht ganz, wir fügen uns aber brav und begeben uns in den Essraum, der uns an Skikurszeiten in ferner Vergangenheit erinnert.

 

Warum betone ich weiter oben im Text, dass unser "Mann in Gemeindemontur" einen modernen Traktor fährt? Weil dieser eine moderne Traktor, ein Exot auf der Insel ist. Es gibt sonst nämlich nur liebevoll restaurierte alte Traktoren hier, die sowohl als Beförderungsmittel als auch als Lastenfahrzeug genutzt werden und bei Nichtverwendung stolz vor den Häusern geparkt sind.

Wir kommen schnell in Einklang mit dem beschaulichen Leben. Viele Menschen auf Hrisey arbeiten auf dem Festland, leben aber das ganze Jahr auf der Insel. Die Fähre fährt jeden Tag bei jedem Wetter, sieben Mal täglich ans Festland und viele haben ihr Auto an der Anlegestelle stehen um von dort weiter zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren. Alles kommt per Fähre auf die Insel und bestimmt auch ein bisschen den Tagesrhythmus. 

Noch dazu scheint während unseres Aufenthaltes jeden Tag die Sonne! Wir marschieren jeden Tag mit einem Picknick im Gepäck rund um die Insel und kommen wieder einmal aus dem Schauen nicht heraus. Unzählige Seevogelarten nisten auf Hrisey und es kreischt, piepst, "gurgelt", "wiehert", gurrt ununterbrochen irgendein Vogel um uns herum um uns von seinem Nest wegzulocken. Es ist eine Besonderheit von Hrisey, dass es keine Ratten, Mäuse oder auch Katzen gibt und die Vögel deshalb ungestört auf dem Moosboden oder im hohen Gras nisten können. 

 

Von unseren Picknickplätzen aus haben wir einen unglaublich schönen Ausblick auf den Fjord, die Gletscher gegenüber und die Klippen von Hrisey. Einmal sehen wir von Land aus sogar Buckelwale springen.... Es ist atemberaubend schön. Unendlich viel Zeit in den blühenden Wiesen an den Klippen zu sitzen und die Seele baumeln zu lassen.

 

Auf dem Rückweg zum Hafen kommt uns schnellen Schrittes ein rüstiger älterer Mann entgegen, in der Hand eine Hundeleine, aber kein Hund weit und breit zu sehen. Er bleibt stehen um mit uns zu plaudern und da erst kommt ein ziemlich dicker, schwer hechelnder Hund um die Kurve. Das ist Softy, die Hündin seiner Nachbarn, die dringend abnehmen muss, erklärt er uns. Er geht jeden Tag mit ihr diese Runde und Softy hat schon 2,5 kg abgenommen erzählt er stolz. Softy lässt sich neben uns in Gras fallen und ist sichtlich dankbar für diese Pause. Schmunzelnd stellt er sich als der "Heiler" der Insel vor, wir seien hier an einem Kraftort, vom gegenüber stehenden Berg Kaldabakur gehe eine besondere Energie aus und hier könne man positive und entspannende Energie aufnehmen. Ob wir eh inne gehalten haben, diese Energie zu spüren und aufzunehmen? Das ist es also, was wir spüren seit wir STRAVANZA hier festgemacht haben! Hrisey ist ein magischer Kraftort!

Im weiteren Gespräch erfahren wir, dass unser Gegenüber in den 1970er Jahren Torwart des Isländischen Fußballnationalteams war, nach dieser Karriere Sport und Werken im Gymnasium in Akureyri unterrichtet hat und jetzt seine Pension auf dieser Insel verbringt.

 

Nach dem Spaziergang gesellen wir uns zu den Einheimischen ins "Sundlaug" - dem örtlichen Outdoor Pool mit Hot Pot und schöner Aussicht. Die Bademeisterin schaut etwas hantig "drein". Nachdem wir aber die isländischen Baderegeln jetzt schon perfekt beherrschen, unsere Schuhe wie Einheimische gleich beim Eingang ausziehen, ins entsprechende Kasterl stellen und auf Socken zur Bezahlung schreiten, mildert sich ihr strenger Blick etwas. Bei unserem zweiten Besuch lächelt sie uns sogar schon an!

Das Hrisey-Sommerfestival geht mit einem Riesenlagerfeuer zu Ende. Auf der Wiese am Hafen sitzen die Menschen in der Mitternachtssonne im Gras, es wird geplaudert und gelacht, Kinder laufen herum, alle warten, dass das Feuer endlich losgeht. Der Feuerwehrmann der Insel - es ist unser "Mann im modernen Traktor" in entsprechender Schutzkleidung, schreitet zur Tat und schüttet einen Kanister Benzin(?) in den Holzstapel und schon steht eine imposante Feuersäule! Unser Wirt steht mit Gitarre hinter einem Mikrofon und stimmt ein Lied an, alle singen mit. Die Stimmung jagt mir die Gänsehaut rauf und runter. 

Es fällt wieder einmal besonders schwer einen Ort zu verlassen. Aber wir "müssen" weiter und legen wehmütig am nächsten Tag ab.

Den Hafenmeister haben wir übrigens nie zu Gesicht bekommen.