
Auf dem Rückweg nach Kanada, kontrollieren uns die Kanadischen "Marine-Mounties" (RCMP Marine Department) gleich zwei Mal. In einem Fall kommen die bewaffneten Beamten unter Fahrt, mit ihrem pechschwarzen RIB längsseits, rufen, "we are coming on board!" und stehen im nächsten Moment auch schon an Deck. So schnell geht das. Unter Deck schauen sie genau nach, ob wir wirklich nur zu zweit an Bord sind und kontrollieren unsere Papiere sehr genau. Mehrmals wird uns die Frage gestellt, ob wir in St. Pierre angesprochen wurden, Passagiere oder Pakete nach Kanada mitzunehmen. Wir können beides verneinen. So schnell sie gekommen sind, sind sie beide Male auch wieder weg.
Im Ort Fortune klarieren wir wieder in Kanada ein, werden wieder durchsucht und befragt. Alles sehr freundlich, aber sehr, sehr bestimmt. Wieviel Wein, Paté und Bier wir mitbringen, ist egal.
Es hält uns nicht lange in Fortune. Jetzt sind wir schon sehr gespannt auf die Südküste Neufundlands von der wir nur wenig gesehen haben, weil am Beginn des Sommers, fast ständig dichtester Nebel herrschte.
Im frühen Herbst soll das besser sein. Und wirklich, hält sich weiter strahlender Sonnenschein. Dafür gibt's aber kaum Wind und obwohl wir jeden Windhauch nutzen, muss unsere Maschine recht häufig herhalten. Was soll's, man kann nicht alles haben.
Unser Bug ist Richtung Hare Bay gerichtet, in deren hinterstem Winkel ein Ankerplatz mit Wasserfall lockt. Schon die Einfahrt in den engen Fjord ist beeindruckend.
Die Beschreibung der Ansteuerung des Ankerplatzes im engen Pool vor dem Wasserfall, klingt sehr abenteuerlich. Vor Ort ist schnell klar, da fahren wir mit Sicherheit nicht rein! Es wäre eine absolute Schnapsidee.
Unser Anker fällt drei Meilen weiter in einer wunderschönen, weiten Bucht hinter der Landzunge Sandy Point.
Adler kreisen, Reiher staksen am Ufer entlang, es herrscht absolute Ruhe.
Das Abendlicht taucht alles in ein zauberhaftes Licht. Magic pur und Balsam für die Seele.
Die drei Meilen zum Wasserfall, legen wir am nächsten Tag im Dinghie zurück. Im Hafenhandbuch steht was von "den Wasserfall entlang auf einen der höheren Hügel hinauf wandern"... Das wollen wir uns nicht entgehen lassen.
Selbst mit dem Dinghie ist es nicht einfach in dem engen Pool, den der Wasserfall an seinem Fuße gebildet hat, zurecht zu kommen. Fast geraten wir direkt unter den Wasserfall!
Der Außenborder fällt just in dem Moment aus, als wir für Fotos besonders nahe heran fahren. Sofort zieht uns der starke Sog fast direkt unter die Wassermassen. Im wirklich letzten Moment können wir uns mit großer Anstrengung aus dem Sog heraus rudern und verhindern, dass das Dinghi geflutet wird. Das war knapp.
Etwas abseits vom Wasserfall finden wir einen Anlegeplatz fürs Dinghie. Schnell stellt sich heraus, dass dem Außenborder nur der Sprit ausgegangen ist. Nach drei Meilen, kein Wunder! Dafür haben wir eh den Reservekanister mit.
Dann geht es recht bequem auf großen, griffigen Steinplatten, den Wasserfall entlang, den Berg hinauf. Das Wasser rauscht wild und laut neben uns den Berg hinunter, bildet kleine Pools. Wir träumen schon von einem erfrischenden Bad und Picknick. Aber erst den Berg hinauf, zur versprochenen Megaaussicht! Dann erst gibt's die Belohnung!
Die griffigen Steinplatten sind auf einmal aus und wir kämpfen uns in dichtem Gebüsch einen Hang hinauf - bis wir in undurchdringlichem Wald stehen. Wieder einmal. Es gibt keinen Pfad. Vielleicht finden wir ihn auch nicht oder wir sind auf der falschen Seite des Wasserfalls? Egal, wir drehen um, weil wir nicht weiter kommen. Die unberührte Wildnis Kanadas hat eben den "Nachteil", nicht mit markierten, gepflegten Wanderwegen durchzogen zu sein, "Unberührt" und "markiert", gehen eben nicht zusammen.
Aber sowas verdirbt uns nicht die Laune! Die Aussicht ist auch von hier schon großartig.
Ein schönes Platzerl für kühles Bad und Picknick, ist schnell gefunden. Mit biologisch abbaubarer Seife bewaffnet, wagen wir uns ins kühle Nass. Es ist überraschenderweise gar nicht kalt! Wir planschen sogar richtig herum. Was für eine Wonne in diesem wohl temperierten Wasser, in "the middle of nowhere", zu planschen! Muss mich wieder einmal zwicken.
Erfrischt und mit schönen Bildern im Kopf, reiten wir quer über die Bucht, zurück an unseren wunderschönen Ankerplatz. Dieser Tag ist ein absolutes Highlight unserer Runde um Neufundland. Selbst beim Schreiben dieser Zeilen, steigen Begeisterung und Dankbarkeit in mir hoch.
Allerdings - der oder die Verfasser*in der Beschreibung des Wasserfall-Ankerplatzes im Hafenhandbuch, war entweder selber nie vor Ort oder ist besonders wagemutig. Hut ab, vor jedem, der hier geankert hat!